Glaube kann Zwerge verhetzen
11. Dezember 2022 • 3 Minuten
Wenn man positiv denkt und an sich selbst glaubt, kann einem alles gelingen. Wenn man Fakten verrenkt und an Hokuspokus glaubt, kann man Kritik im Keim ersticken.
Der Spruch «glaube kann Zwerge verhetzen» ist mir vor ein paar Jahren per Zufall über den Weg gelaufen als Postkarte im Webshop des Vereins Digitalcourage . Gemäss Postkarte ist ein Mitbegründer des Vereins namens padeluun der Author des Spruchs. Obwohl Die Anspielung auf das Sprichwort «Glaube kann Berge versetzen» offensichtlich ist, ist mir bis heute nicht ganz klar, was mit dem Spruch eigentlich gemeint ist. Genau darum finde ich ihn so faszinierend.
Meine Interpretation
Mir fallen zwei sich widersprechende Interpretationen zu «Glaube kann Zwerge verhetzen» ein:
- Eine geschickt gesponnene Geschichte kann dazu eingesetzt werden, die Urteilskraft bei leicht manipulierbaren Menschen zu trüben. Siehe Propaganda, Fake News und … Religion 🙊
- Wenn jemand fest entschlossen einer gerechten Sache nachgeht, stachelt das Kleingeister zum Widerstand an. Siehe Klimajugend versus Stammtisch.
Zum «ketzerischen» ersten Punkt: Eine Passage in Kapitel 17 (Post Truth) von Yuval Noah Harari’s 21 Lessons for the 21st Century hat für mich prägnant unser seltsames Verhältnis zum Wahrheitsgehalt religiöser Lehren in Worte gefasst:
So if you blame Facebook, Trump or Putin for ushering in a new and frightening era of post-truth, remind yourself that centuries ago millions of Christians locked themselves inside a self-reinforcing mythological bubble, never daring to question the factual veracity of the Bible, while millions of Muslims put their unquestioning faith in the Quran. For millennia, much of what passed for ‘news’ and ‘facts’ in human social networks were stories about miracles, angels, demons and witches, with bold reporters giving live coverage straight from the deepest pits of the underworld. We have zero scientific evidence that Eve was tempted by the Serpent, that the souls of all infidels burn in hell after they die, or that the creator of the universe doesn’t like it when a Brahmin marries an Untouchable – yet billions of people have believed in these stories for thousands of years. Some fake news lasts for ever.
Oder kürzer im folgenden Abschnitt:
When a thousand people believe some made-up story for one month – that’s fake news. When a billion people believe it for a thousand years – that’s a religion.
Schon seltsam, dass aufgeklärte Menschen Verschwörungstheoretiker offen belächeln während sie bei Kritik an Religiösen jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Making Of
Im Juni 2021 habe ich erstmals «Glaube kann Zwerge verhetzen» als Handlettering mit Flüssigkreide auf einer Schiefertafel umgesetzt:
Mir hat die Raumaufteilung damals so gut gefallen, dass ich den Schriftzug als Basis unbedingt vektorisieren wollte.
Vom Foto zur finalen Version bin ich in vier Schritten gekommen:
- Den originalen Schriftzug «vektorisieren», sprich ungefähr mit Bézier-Kurven in Inkscape nachbilden.
- Den rohen Schriftzug bereinigen. Speziell das «G» und das «k» sind sich in der Mitte etwas in den Weg gekommen.
- Eine homogenere Alternative schaffen. Das «Glaube kann» schien mir etwas zusammengedrückt zu sein im Vergleich zum leichteren unteren Teil. Mit dem grösseren «G» musste ich eine Lösung für die grosse Leere im «G» finden. Ich habe das gelöst, indem ich ein Auge daraus gemacht habe. Ich fand das auch passend als Symbol des Glaubens.
- Experimentieren mit den Werkzeugen von Inkscape. Einmal vektorisiert lassen sich in kurzer Zeit verschiedene Kombinationen ausprobieren. Ich habe mich für einen Graffiti-artigen Schriftzug entschieden. Das Rot habe ich beibehalten um die Lesbarkeit beizubehalten.
So hundertprozentig bin ich immer noch nicht vom Endresultat überzeugt. Aber hey, da das Ganze jetzt als Vektorgrafik (.svg) verfügbar ist, lässt sich praktisch alles relativ schnell nachbessern! 🥳